GERECHTIGKEIT FÜR KABWE!

Ein Tribunal, eine Oper, eine Kampagne

Seit über 10 Jahren beschäftigt sich ein europäisch-kongolesisches Team von Juristen, Künstlern und Aktivisten um den Regisseur Milo Rau mit dem Bürgerkrieg im Osten und Süden der Demokratischen Republik Kongo, der oft als "Afrikanischer Weltkrieg" bezeichnet wird. Und tatsächlich: Der Krieg, der bisher Millionen von Opfern gefordert hat, ist ein Krieg, in den die ganze Welt verwickelt ist. China, Europa, die USA: Sie alle brauchen die so genannten Konfliktmineralien - Kobalt, Gold -, an denen der Kongo reicher ist als jeder andere Teil der Welt.

Rau und sein Team haben die Verbrechen des internationalen Bergbaugeschäfts in ihrem Kongo Tribunal (seit 2015) untersucht, einem globalen Wirtschaftstribunal, das von The Guardian als "das ambitionierteste politische Theaterprojekt aller Zeiten" bezeichnet wurde. Jetzt inszenieren sie mit Justice die erste Bergbauoper der Geschichte: ein allegorisches Requiem über Geschäft, Schuld und Korruption, das auf einem realen Fall beruht.

Am Tag der Premiere im Grand Théâtre de Genève, einer der wichtigsten Opernbühnen Europas, am 22. Januar 2024, startet die internationale Crowdfunding-Kampagne JUSTICE FOR KABWE! Das Geld kommt den Opfern eines schrecklichen Unfalls in der Nähe von Kolwezi im Südkongo zugute - deren Geschichte die Oper Justice erzählt.

 

DIE OPER

Nach seiner kontroversen Auseinandersetzung mit Mozart (La Clemenza di Tito) führt Milo Raus neues Musiktheaterwerk Justice (Libretto: Fiston Mwanza Mujila, Musik: Hèctor Parra) in das Herz der kongolesischen Bergbauindustrie. Es ist das erste lyrische Werk über die Verbrechen transnationaler Unternehmen überhaupt, das mit einem kongolesisch-europäischen Künstlerteam entwickelt wird: "Wie könnte man den Blick dekolonisieren, ohne die wirtschaftliche Situation zu berücksichtigen?" (Mwanza Mujila)

Im Mittelpunkt von Justice steht ein schrecklicher Unfall: In Kabwe, einem Dorf in der Nähe der Stadt Kolwezi im Südkongo, stürzte 2019 ein Säuretransporter der Lieferkette des weltgrößten Bergbauunternehmens Glencore auf einen Marktplatz. Dutzende von Menschen starben qualvoll: ein Verbrechen von "fast kosmischen Ausmaßen" (Parra), für das es nie Gerechtigkeit gab.

Das gemeinsam mit dem für den Man Booker Prize nominierten Kongolesen Fiston Mwanza Mujila (Tram 83) geschriebene und vom katalanischen Komponisten Hèctor Parra (The Kindly Ones) vertonte Werk mit dem kongolesischen Sänger Serge Kakudji in einer der Hauptrollen und dem kongolesischen Gitarristen Kojack Kossakamvwe ist die erste kongolesisch-europäische Opernkooperation dieser Größenordnung: "Ein Requiem gegen das Vergessen, aber auch eine Manifestation der Wahrheit." (Mwanza Mujila)

Justice wurde gemeinsam mit den Opfern des Unglücks entwickelt und umfasst Hunderte von Instrumentalisten und Sängern aus der ganzen Welt, darunter den legendären Bariton Sir Willard White. Diese "Brücke zwischen den Kontinenten" (Mwanza Mujila) feiert am 22. Januar Premiere, aufgeführt vom Chor und dem Orchester des Grand Théâtre de Genève - und eröffnen im April das Festival Tangente St. Pölten.

 

DAS KONGO-TRIBUNAL

“Wo die Politik versagt, hilft nur noch die Kunst”, schrieb DIE ZEIT 2015 über das erste große Kongo-Tribunal von Milo Rau in der ostkongolesischen Stadt Bukavu. Eine Jury aus kongolesischen und europäischen Juristen hatte sich zum Ziel gesetzt, die Straflosigkeit der großen transnationalen Bergbaukonzerne endlich zu beenden. Weitere Tribunale wurden in Berlin, Zürich und der "Welthauptstadt des Kobalts" Kolwezi abgehalten, ein Kino- und Fernsehfilm wurden gedreht. Die Oper Justice basiert auf dieser jahrzehntelangen Arbeit, insbesondere auf dem sogenannten Glencore-Tribunal, das Rau und sein Team im Dezember 2021 im Parlament von Kolwezi abhielten.

“Ist es das ehrgeizigste politische Theater, das je inszeniert wurde?”, fragte The Guardian, Radio France Internationale sah das “verrückteste Theaterprojekt unserer Zeit”. Justice ist das jüngste Kapitel dieses Versuchs transnationaler Solidarität, ein “völlig neuer Schritt in der Operngeschichte” (Parra). Oder wie es der in Kolwezi geborene Sänger Serge Kakudji ausdrückt: “Eine Oper über den Kongo von heute, entwickelt mit den Betroffenen und aufgeführt in einem der größten Opernhäuser der Welt, direkt neben dem Hauptsitz von Glencore: das ist eine künstlerische Revolution.”

 

GERECHTIGKEIT FÜR KABWE:
DIE KAMPAGNE

Am Mittwoch, den 20. Februar 2019, ereignete sich auf einer Straße in der Nähe von Kolwezi, im Dorf Kabwe, ein tödlicher Unfall. Ein mit Schwefelsäure beladener Lastwagen, der für die Konzession Mutanda Mining (MUMI) des Schweizer Bergbauunternehmens Glencore bestimmt war, kippte um und fuhr in eine große Gruppe von Passanten und Verkäufern. 21 Menschen starben, 7 wurden schwer verletzt, viele Felder wurden verseucht, Häuser wurden beschädigt und Verkäufer erlitten Sachschäden.

Die Opfer brachten ihren Fall vor Gericht. Nur der Fahrer des Lastwagens wurde angeklaft. Aufgrund des Drucks seitens der Unternehmen kam der Prozess bis heute nicht zu einem rechtskräftigen Abschluss. Eine öffentliche Entschuldigung des Subunternehmers von Glencore und eine gesetzlich geregelte Entschädigung der Betroffenen kam nie zustande.

Die Crowdfunding-Kampagne verfolgt zwei Ziele: Zum einen unterstützt sie die Anwaltsvereinigung CAJJ - Centre d'aide juridico-judiciaire, die den Opfern des Säureunfalls in Kabwe kostenlose Rechtsvertretung bietet. Die Anwälte der Opfer versuchen immer noch, eine gerechte Entschädigung für ihre Klienten zu erwirken - was den Fall Kabwe zu einem symbolischen Fall für Dutzende, wenn nicht Hunderte ähnlicher Fälle macht.

Zweitens kommt das Geld aus dem Crowdfunding über die NGOs HEKS und Afrewatch (mit denen Milo Rau und sein Team bereits bei Das Kongo Tribunal zusammengearbeiten) direkt den Opfern zugute, die bisher keine oder nur eine geringe Entschädigung erhalten haben. Zum Beispiel Milambo Kayamba, der bei dem Unfall beide Beine verloren hat und noch immer auf geeignete Prothesen wartet, oder Theophista Kazadi, deren Kind sein Augenlicht verloren hat: Menschen, auf deren Geschichten die Oper Justice basiert.

Kunst kann das Bewusstsein schärfen und metaphorische Gerechtigkeit schaffen - wirkliche Gerechtigkeit ist nur einen Schritt entfernt! Lassen Sie uns diesen Schritt gemeinsam tun.

Gerechtigkeit für Kabwe!

Für eine faire, humane
und nachhaltige Weltwirtschaft!